New Work ist in aller Munde – doch was bedeutet das für Familienbetriebe? Während große Unternehmen mit modernen Konzepten wie Homeoffice, 4-Tage-Woche, agilen Teams und Digitalisierung werben, stehen kleinere Firmen oft vor den Fragen: Brauchen wir das überhaupt? Und wenn ja, können wir das?
Viele Familienbetriebe funktionieren seit Generationen erfolgreich. Nichtsdestotrotz macht der Wandel in der Arbeitswelt auch vor kleinen und mittelständischen, familiär geprägten Unternehmen keinen Halt. Wenn sie weiterhin zukunftsfähig bleiben und Fachkräfte sowohl gewinnen, als auch langfristig begeistern wollen, müssen sie sich mit New Work auseinandersetzen.
Die gute Nachricht vorneweg: Oft lassen sich moderne Ansätze mit traditionellen Werten besser verbinden, als viele denken.
Tradition trifft auf Moderne – ein Widerspruch?

Familienbetriebe haben einen ganz eigenen Charakter. Oft gibt es enge Beziehungen zwischen der inhabenden Familie und dem Team, sowie eine persönliche Geschichte, die eng mit der des Unternehmens verwoben ist. Das Selbstverständnis und die Philosophie basieren auf gewachsenen Werten und oft auch dem Fleiß, Fachwissen und Unternehmergeist mehrerer Generationen. Die Entscheidungswege sind kürzer als in großen Konzernen und Chef oder Chefin sind greifbar und meist für alle Angestellten zugänglich.
Bei New Work hingegen denken viele sofort an Schlagworte wie Homeoffice, Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten und eine neue Führungskultur. Nicht selten wird der Begriff auch mit großen oder internationalen Industrie- und Tech-Unternehmen sowie Start-Ups verbunden.
Auf den ersten Blick scheinen diese Konzepte also schwer vereinbar. Doch wenn wir genauer hinsehen, erkennen wir: Viele Prinzipien von New Work lassen sich in Familienunternehmen sogar leichter umsetzen als in starren Konzernstrukturen. Der Schlüssel liegt darin, die passenden Elemente zu identifizieren und an die eigenen Gegebenheiten anzupassen. Es geht nicht um radikale Brüche mit der Vergangenheit, sondern um eine sinnvolle Evolution.
Familienbetriebe als natürliche Vorreiter von New Work?
Überraschenderweise bringen viele kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) bereits Elemente von New Work mit – oft ohne es bewusst so zu nennen:
- Persönliche Nähe & enge Bindung: Mitarbeitende identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen und erleben oft eine Atmosphäre, die von ehrlichem Interesse an der eigenen Persönlichkeit geprägt ist. Teammitglieder in Familienbetrieben werden nicht ausgetauscht, sondern sind wertvoller Teil des Erfolges. Das entspricht dem New-Work-Prinzip der Sinnhaftigkeit.
- Flexibilität: In kleinen Betrieben übernehmen Mitarbeitende oft verschiedene Aufgaben, können sich einbringen und mitgestalten. Diese natürliche Agilität entspricht dem New-Work-Gedanken von Vielseitigkeit und Eigenverantwortung.
- Kurze Entscheidungswege: Während Großunternehmen oft mit langwierigen Abstimmungsprozessen kämpfen und bei Umstrukturierungen bürokratische Hürden überwinden müssen, können Familienbetriebe schneller reagieren und Veränderungen beweglicher umsetzen.
- Starke Werte & Unternehmenskultur: Werte wie Vertrauen, Beständigkeit und Loyalität sind in Familienbetrieben stark ausgeprägt – ein zentraler Bestandteil von New Work.
Interessanterweise könnten gerade diese Eigenschaften ein Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte sein. Während große Konzerne mit standardisierten HR-Prozessen oft anonym wirken, können kleine Unternehmen durch Nähe, individuelle Förderung und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten punkten. Eine Chance, die viele KMUs noch zu wenig nutzen!
Beachtenswert ist außerdem: Wenn sich Familienbetriebe auf Veränderungen einlassen, hat das Vorteile für alle. Denn es kann auch die Nachfolge und Zukunftssicherung des Betriebes erleichtern. Wenn ein Unternehmen modern aufgestellt wird, wirkt es langfristig attraktiver für die potenzielle Nachfolge aus der eigenen Familie – genauso wie extern.
Wo gibt es Konflikte? Die größten Herausforderungen:
Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wenn traditionelle Familienstrukturen auf moderne Arbeitsweisen treffen:
- Generationskonflikte: Während ältere Generationen oft an bewährten Strukturen festhalten, erwarten jüngere Mitarbeitende mehr Chancen auf Entwicklung und flexible Veränderung.
- Führungsstil: Familienbetriebe sind oft stark von der Persönlichkeit der Inhabenden geprägt. Ein eher autoritärer oder paternalistischer Führungsstil kann im Widerspruch zu den Prinzipien von New Work stehen.
- Wenig Digitalisierung: Viele kleinere Unternehmen haben Nachholbedarf bei digitalen Prozessen, scheuen sich vor neuen Technologien oder Arbeitserleichterungen und werden so langfristig abgehängt.
- Strukturierte Karrieremöglichkeiten fehlen: Da Hierarchien oft flach sind, gibt es in Familienbetrieben selten klassische Aufstiegschancen, was für ambitionierte Fachkräfte unattraktiv wirken kann.
Ein oft unterschätzter Punkt ist auch die Angst vor Neuem – nicht nur bei den Führungskräften, sondern auch im Team. Nicht alle möchten plötzlich mehr Eigenverantwortung oder neue digitale Tools nutzen. Veränderungen sollten also mit Fingerspitzengefühl eingeführt werden.
Praxisbeispiele: So kann New Work im Familienbetrieb gelingen
New-Work-Prinzipien umzusetzen muss nicht heißen, dass plötzlich alles anders läuft. Vielmehr geht es darum, moderne Elemente gezielt in bestehende Strukturen zu integrieren. Hier einige praxisnahe Ansätze:

- Flexible Arbeitszeiten auch im Handwerk: Wenn eine vollständige Gleitzeitregelung nicht möglich ist, können zumindest Kernarbeitszeiten definiert werden, die eine gewisse Flexibilität erlauben. Auch Modelle der Vier-Tage-Woche, bei denen z. B. an vier Wochentagen 10 Stunden gearbeitet wird, verbreiten sich immer mehr.
- Selbstverantwortung fördern: Indem Mitarbeitende mehr Verantwortung für Projekte oder Abläufe übernehmen, sich in einem neuen Bereich fortbilden oder Seminare besuchen können, steigt das Engagement – ohne dass es formale Hierarchiestufen braucht.
- Mitarbeitende stärker einbinden: Regelmäßige Feedbackrunden, Workshops zu Unternehmenswerten, gemeinsame Unternehmungen, Teilhabe an Entscheidungen und Gespräche über Ziele stärken das Zugehörigkeitsgefühl.
- Digitale Tools nutzen: Moderne Kommunikationsplattformen wie Slack oder Microsoft Teams sind simpel einzurichten und können auch in kleinen Betrieben für eine effizientere Zusammenarbeit sorgen.
- Führung neu denken: Führungskräfte sollten als Mentorin oder Mentor agieren, Eigenverantwortung fördern und eine offene Kommunikationskultur etablieren, die tatsächlich auf flachen Hierarchien basiert.
Ein überraschender Faktor: Oft sind es nicht technische oder organisatorische Anpassungen, die den größten Effekt haben, sondern kulturelle Veränderungen. Wenn Familienbetriebe Werte gemeinsam besprechen, Teamgeist fördern, die Führungsebene öffnen und Verantwortung bewusst abgeben, kann sich das gesamte Betriebsklima verändern.
Fazit: Familienbetrieb und New Work als Zukunftsmodell
Familienbetriebe müssen nicht alles über Bord werfen, um Konzepte von New Work zu integrieren. Vielmehr geht es darum, eine kluge Mischung aus Tradition und Moderne zu finden. Werte wie Vertrauen, persönliche Nähe und Flexibilität können mit neuen Arbeitsmodellen kombiniert werden, um Mitarbeitende langfristig zu binden und sich als attraktive Arbeitsstätte zu positionieren.
Der Vorteil: Während große Unternehmen oft bürokratische Hürden überwinden müssen, können KMUs schneller Veränderungen umsetzen – und so aus der Verbindung von Tradition und Innovation ein echtes Erfolgsmodell machen.
Zusätzlich sollten Familienbetriebe eine langfristige Perspektive einnehmen. Wenn Sie heute in eine moderne Unternehmenskultur investieren, profitieren Sie morgen von loyalen Mitarbeitenden, einer besseren Wettbewerbsfähigkeit und einer starken Marke. Denn auch wenn New Work oft mit hippen Start-ups assoziiert wird, lassen sich die Prinzipien überall anwenden, wenn sie authentisch und sinnvoll integriert werden.