Du weißt, dass du mehr verdienen könntest? Oder bessere Arbeitsbedingungen drin wären? Aber du traust dich trotzdem nicht, nach einer Gehaltserhöhung, mehr Urlaub oder Gleitzeit zu fragen?
Damit bist du nicht alleine. Besonders in kleineren Betrieben oder traditionellen Unternehmen besteht bei Mitarbeitenden oft die Angst, als undankbar, gierig oder „unverschämt“ zu gelten. Und wer im altbayerischen Sprachraum groß geworden ist, kennt sicher den Spruch „Ned g’schimpft is globt gnua“, auf hochdeutsch „nicht geschimpft zu werden, ist Lob genug“. Also: Lieber genügsam sein und sich still halten, als auffallen.
In diesem Artikel beleuchten wir noch weitere Gründe dafür, dass Arbeitnehmende vermeiden, nach mehr zu fragen. Außerdem gehen wir natürlich darauf ein, wieso du es dich trotzdem trauen solltest und wie du ein Verhandlungsgespräch angehst.
Warum fällt es schwer, über Geld zu reden und Forderungen zu stellen?
Häufig sind es persönliche Ursachen, die einer Verhandlung mit der Führungskraft im Wege stehen. Erziehung und emotionale Bindung können dazu führen, dass es sich falsch anfühlt, mehr zu verlangen.
Historische & kulturelle Prägung: Viele Menschen – gerade auch in ländlichen Räumen – sind damit groß geworden, dass Bescheidenheit eine Tugend ist. Vielleicht denkst auch du dir deshalb: Ich fühl mich lieber im Stillen unwohl, als mich mit meinen Bedürfnissen in den Vordergrund zu drängen.
Gehalt als Tabuthema: In traditionellen Betrieben oder Familienunternehmen wird nach der Einstellung kaum über Gehalt gesprochen. Allgemein gehört es für viele nicht zum guten Ton, in Sachen Geld sehr ins Detail zu gehen. Wenig verwunderlich also, dass eine Person, die trotzdem fragt, Angst hat, den „Frieden“ zu stören.
Das Loyalitäts-Dilemma: Es kann durchaus vorkommen, dass sich gerade langjährige Mitarbeitende ihren Arbeitgebenden gegenüber besonders verbunden fühlen. So entsteht die Annahme, eine Gehaltsverhandlung oder Forderungen zu den Arbeitsbedingungen könnten als „Verrat“ an der Firma gesehen werden.
Fehlendes Wissen um den eigenen Wert: Mit dem Thema Bescheidenheit hängt auch zusammen, dass viele ihre eigene Leistung unterschätzen. Sie sehen ihre jahrelang aufgebaute Expertise und Erfahrung als selbstverständlich. Vielleicht haben sie auch nie gelernt, ihre Stärken richtig zu kommunizieren.
3 Gründe, warum es wichtig ist, dass du doch fragst
- Löhne steigen nicht von allein: Unternehmen neigen dazu, auf Sparmaßnahmen zu setzen, wenn niemand aktiv nach mehr Gehalt fragt – auch wenn sie es sich leisten könnten. Wenn du also nicht fragt, bleibst du auf dem gleichen Stand, obwohl eine Gehaltserhöhung oder bessere Bedingungen drin wären.
- Karrierechancen erweitern: Wenn du nach Entwicklung fragst, zeigst du, dass du an deinem eigenen beruflichen Fortschritt interessiert bist. Es geht nicht nur ums Geld, sondern auch darum, Verantwortung zu übernehmen und zu signalisieren, dass du dich weiterbewegen möchtest. Führungskräfte nehmen Mitarbeitende, die ihre eigenen Ambitionen und ihren Wert kennen und ansprechen, oft ernster.
- Stärkung der eigenen Position: Das Ansprechen von Gehalt oder Arbeitsbedingungen kann als eine Art „Verhandlungsspielraum“ gesehen werden, der dich in eine stärkere Position versetzt. Wenn du fragst, setzt du ein Zeichen, dass du deine eigenen Leistungen und Bedürfnisse ernst nimmt und bereit ist, für eine Verbesserung einzutreten. Das stärkt nicht nur dein Selbstbewusstsein, sondern gibt dir auch die Möglichkeit, dein Arbeitsleben mitzugestalten.
Tipps: So bereitest du dich auf eine Gehaltsverhandlung vor
Tipp 1: Recherchiere deinen Marktwert!
Weißt du, wie viel Menschen verdienen, die in ähnlichen Positionen arbeiten? Nein? Dann such nach Branchenberichten oder gehe auf Online-Vergleichsportale. Dort findest du Informationen zu Löhnen und Durchschnittsgehälter für dein Berufsfeld. Notiere dir die Zahlen, falls sie von dem abweichen, was du erhältst. Sie können dein erstes Argument sein. Denn immerhin zeigen sie, dass du bei anderen Unternehmen mehr Geld bekommen würdest. Womit wir auch schon beim zweiten Tipp wären!

Tipp 2: Sammle Argumente!
Lege dir Gründe zurecht, warum deine Gehaltserhöhung gerechtfertigt ist. Dein Marktwert kann der erste sein. Außerdem solltest du auch deine Erfahrung miteinbeziehen. Erinnere dich an konkrete Erfolge, zusätzliche Aufgaben, die du übernommen hast. Deine Treue über viele Jahre. Oder vielleicht hast du Fortbildungen vorzuweisen, mit denen du deine Expertise noch vertieft hast? Schreibe alles auf und lerne deine Argumente im Zweifel auswendig, um sie beim Gespräch sicher parat zu haben.
Tipp 3: Finde die richtige Haltung!
Apropos Gesprächsvorbereitung. Stimme dich darauf ein! Klar wirst du nervös sein, gerade wenn du bisher Angst davor hattest, nach mehr zu fragen oder für dich einzustehen. Bedenke aber: Es geht nicht um Bettelei, sondern um eine faire, sachliche Verhandlung. Du leistest wöchentlich für die Firma und trägst mit deiner Arbeit zum Erfolg bei. Führe dir das vor Augen, um möglichst selbstbewusst in das Gespräch zu gehen. Mach dich nicht klein!
Tipp 4: Wähle den passenden Zeitpunkt!
Auch auf den Zeitpunkt kommt es an. Vielleicht gibt es in eurem Unternehmen ohnehin Jahresgespräche oder regelmäßige Mitarbeitendenbesprechungen, bei denen du Zeit allein mit der Führungskraft hast. Gute Anlässe, die deine Argumente auf natürliche Weise verstärken, sind der Abschluss eines erfolgreichen Projektes oder die Erreichung des angestrebten Unternehmenswachstums.
Tipp 5: Rede über mehr als Geld!
Sollte das Gespräch nicht so verlaufen wie erhofft, gib nicht sofort auf. Wenn Vorgesetzte dir sagen, dass eine Gehaltserhöhung momentan nicht möglich ist, gibt es andere Verhandlungspunkte, die du ansprechen solltest. Frage nach, ob du vom Unternehmen finanzierte Weiterbildungen besuchen kannst. Sprich mehr Urlaubstage oder flexible Arbeitszeiten an. Oft sind Chefin oder Chef kompromissbereiter, als du denkst. Eine gute Führungsebene wertschätzt Mitarbeitende, die wertvolle Teile des Teams sind, und wird dafür sorgen, dass sie bleiben und sich wohlfühlen.
Fazit: Wer nicht fragt, bekommt auch nichts
Klingt einfach und logisch. Gleichzeitig ist es in der Praxis manchmal deutlich schwerer, sich zu überwinden. Falls du auch nach diesem Artikel noch Zweifel hast, ob sich die Frage nach mehr Gehalt oder besseren Arbeitsbedingungen lohnt, erinnere dich:
- Bescheidenheit ist nicht gleichbedeutend mit Selbstaufgabe. Wer sich nie traut, für sich einzustehen, wird langfristig unzufrieden und unglücklich.
- Gehaltsverhandlungen sind kein Affront gegen Arbeitgebende, sondern ein normaler Bestandteil des Arbeitslebens. Du machst damit absolut nichts falsch.
Also: Bereite dich gut vor, übe das Gespräch mit einer vertrauten Person, wenn dir das Sicherheit gibt und dann tritt so selbstbewusst wie möglich auf. Wir sind uns sicher, dass du eine positive Überraschung überleben wirst. Und selbst in dem Fall, dass deine Forderung nach mehr Geld abgelehnt wird, ist das oft der Startpunkt für eine ehrliche Karriereplanung.